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In Trockenperioden richtig bewässern – Grenzen der Wasserfass-Bewässerung

In trockenen Sommern, wie im Jahr 2015, müssen Obstanlagen bewässert werden. Wasserzapfstellen stehen Obstbaubetrieben aber nicht immer und überall zur Verfügung. Daher stellt die Beregnung aus dem Wasserfass eine Alternative dar – aber auch sie birgt Hindernisse und Hürden. Nur, wo liegen diese Hürden und ab wann wird solch eine Bewässerung unwirtschaftlich?
In extrem trockenen Sommern müssen Obstplantagen oft künstlich bewässert werden.Am Beispiel eines Obstbaubetriebes aus der Region Rhein-Main wurden bewässerungstechnische Berechnungen vorgenommen. Der Betrieb stellt die Zusatzbewässerung seiner Kernobstanlagen mit einem mobilen Wasserfass (5.000 Liter) sicher. Insbesondere wurde exemplarisch der Aufwand an Fahrt- und Rüstzeiten in drei Schlaggrößen und zwei Bewässerungsperioden ermittelt.

Eine automatisierte Tropfschlauchbewässerung, die aus einem Brunnen gespeist wird, stellt die Alternative dar. Wir vergleichen nun die Wasserfass-Bewässerung mit der automatisierten Bewässerung aus dem Brunnen rein kostenrechnerisch. Dabei werden die jährlich anfallenden Lohnkosten für die notwendigen Wasserfassfahrten als Kapitaldienst für die Finanzierung eines Brunnenbaus herangezogen. Wir zeigen, ab wieviel Hektar der Brunnenbau rentierlicher ist, als die alljährliche Wasserfass-Bewässerung.
Die in den Tabellen aufgeführten Beispiele beziehen sich auf den Klimaraum Geisenheim in Südhessen mit einer Jahresdurchschnittstemperatur von 9,6 °C und 550 mm Niederschlag/Jahr. Ebenso wurden an diesem Ort Verdunstungswerte nach Penman und Niederschlagswerte ermittelt, um klimatische Wasserbilanzwerte zu errechnen.

Alle Berechnungen fanden unter Berücksichtigung der folgenden Rahmenbedingungen statt:

Rahmenbedingungen

A) Bodenspezifische Standortdaten

Bodenart: sandiger Lehm
Wurzelhorizont für Kernobst = 0,40 m
Bewässerungseinschaltpunkt = -575 hPa (60 % nFK)
Bewässerungsausschaltpunkt = -110 hPa (90 % nFK)
Höhe der Wassergabe = 23 mm (betrifft die Baumstreifen mit 0,80 m Ausdehnung)

B) Wasserverteilsystem

Bewässerung mit Tropfschläuchen (1 Tropfschlauch/Reihe)

200 m Reihenlänge
1,60 l/h Tropferleistung
0,30 m Tropferabstand
17,5 mm Innendurchmesser
2,0 bar optimaler Betriebsdruck

C) Aufteilung der Wassermenge in Teilgaben

Bei der Berechnung der Bewässerungsfahrten sowie der Rüst- und Fahrtzeiten ist folgendes zu bedenken: Die hier angenommenen Bodenverhältnisse und die Auswahl des genannten Tropfschlauches machen eine Aufteilung der Bewässerungsgaben in jeweils drei Teilgaben notwendig. Würde die Wassermenge nicht in Teilgaben erfolgen, so würden pro Bewässerungsgang auf Grund der Feuchtezwiebelspezifika bis zu 50 mm auf einmal – bezogen auf die Feuchtzwiebelflächen – ausgebracht werden. Eine solch große Wassermenge würde unweigerlich zu einem großen Teil in den Untergrund versickern und den Baumwurzeln nicht mehr unmittelbar zur Verfügung stehen. Im Falle einer Nährlösungsgabe würde insbesondere der Stickstoffanteil größtenteils versickern.

Hydraulische Hinweise

A) Gleichmäßige Wasserverteilung sicher stellen

Um eine gleichmäßige Bewässerung zu erzielen, müssen die erste und die letzte Tropfstelle eines Tropfschlauchstranges etwa den gleichen Durchfluss haben. Deshalb sind die Auslegungstabellen des jeweiligen Tropfschlauchherstellers genau zu beachten. Dabei ist zu prüfen, welche maximale Schlauchlänge unter Berücksichtigung der Tropferleistung (l/h), dem Tropferabstand und dem Innendurchmesser des Tropfschlauches bei waagerechter Verlegung erlaubt ist.
Außerdem ist der Mindest-Betriebsdruck einzuhalten. Wenn der Mindestbetriebsdruck des Tropfschlauchs (z.B. 1,1 bar oder 11 m Wassersäule) deutlich höher ist als Wasserspiegelhöhe des eingesetzten Wasserfasses (vom Boden aus gemessen z.B. 0,15 – 0,25 bar = 1,5 – 2,5 m) und die Tropfschlauch-Stranglänge länger als 80 m ist, so muss eine mobile Benzinmotor-Wasserpumpe eingesetzt werden. Nur so kann eine gleichmäßige Bewässerung sicher gestellt werden.

B) Auswahlkriterien für eine Benzinmotor-Wasserpumpe

Wird der Druck an einer Wasserpumpe erhöht, steigt der Energieverbrauch (z.B. der Stromverbrauch) wesentlich stärker an, als wenn die Fördermenge erhöht wird.
Daher sollte bei der Auswahl einer Motorpumpe die Förderhöhe (Pumpendruck in Meter Wassersäule oder in bar) stets nach dem Motto „Nur so viel wie nötig, nie so viel wie möglich“ betrachtet werden. Ein wichtiges Hilfsmittel ist die betreffende Pumpenkennlinie. Sie zeigt, ob die ausgewählte Pumpe den passenden Druck bei der gewünschten Fördermenge pro Stunde aufweist.
Der gewünschte Betriebspunkt (zum Beispiel: 8 m³/h bei 2,5 bar) sollte sich im Bereich des mittleren Drittels der Kennlinienabzisse (Volumenstrom in m³/h oder l/min) befinden, um eine lange Lebensdauer und einen geringen Energieverbrauch der ausgewählten Pumpe zu realisieren.
Es gilt zu beachten: Wenn das Datenblatt einer Pumpe eine Förderkapazität von 14,4 m³/h und einen Förderdruck von 3,6 bar ausweist, heißt das keinesfalls, dass diese Pumpe bei 3,6 bar noch 14,4 m³/h fördert. Diese Pumpe fördert 0 m³/h bei 3,6 bar und 14,4 m³/h bei 0 bar. Deshalb niemals eine Pumpe nach dem Datenblatt, sondern immer nach der Kennlinie aussuchen.

Rüst- und Fahrzeiten

Um Möglichkeiten und Grenzen der Wasserfass-Bewässerung von Kernobstanlagen mit einem mobilen 5.000 Liter Fass zu ermitteln, wurde das Kriterium „Aufwand an Fahrt- und Rüstzeiten“ dreier Schlaggrößen und zweier Bewässerungsperioden berücksichtigt.

A) Schlaggrößen

  1. 0,58 ha = 1.600 m Tropfschlauch
  2. 2. 1,73 ha = 4.800 m Tropfschlauch
  3. 3.  2,88 ha = 8.000 m Tropfschlauch

B) Bewässerungszeiträume

– „35-Tage-Periode“: Eine Periode von 35 niederschlagsfreien Tagen im Juli/August mit hohen Temperaturen/Verdunstungsraten
– „4-Monats-Periode“: eine warme und trockene Periode von Anfang Mai bis Ende August mit 35 niederschlagsfreien Tagen im Juli/August mit hohen Temperaturen bzw. Verdunstungsraten.

Ergebnisse aus den Tabellenberechnungen für die „35-Tage Periode“:
Schlaggröße 1:
42 Fahrten
35 Stunden reine Rüst- und Fahrtzeiten
59 Stunden Bewässerungszeiten incl. Rüst- und Fahrtzeiten

Schlaggröße 2:
126 Fahrten
106 Stunden reine Rüst- und Fahrtzeiten
179 Stunden Bewässerungszeiten incl. Rüst- und Fahrtzeiten

Schlaggröße 3:
210 Fahrten
117 Stunden reine Rüst- und Fahrtzeiten
299 Stunden Bewässerungszeiten incl. Rüst- und Fahrtzeiten

Ergebnisse aus den Tabellenberechnungen für die „4-Monats Periode“:
Schlaggröße 1:
96 Fahrten
81 Stunden reine Rüst- und Fahrtzeiten
136 Stunden Bewässerungszeiten incl. Rüst- und Fahrtzeiten

Schlaggröße 2:
288 Fahrten
243 Stunden reine Rüst- und Fahrtzeiten
410 Stunden Bewässerungszeiten incl. Rüst- und Fahrtzeiten

Schlaggröße 3:
480 Fahrten
406 Stunden reine Rüst- und Fahrtzeiten
683 Stunden Bewässerungszeiten incl. Rüst- und Fahrtzeiten

Berechnung des Kapitaldienstes

Für die Arbeitszeitaufwendungen wurde ein Stundenlohn von 8,50 € zugrunde gelegt. Die so ermittelten jährlich anfallenden kalkulatorischen Lohnkosten wurden als kalkulatorischer jährlicher Kapitaldienst im Rahmen einer Annuitätenrechnung veranschlagt. So konnten die jeweils maximal tragfähigen kalkulatorischen Investitionssummen ermittelt werden, die die mobile Wasserfass-Bewässerung durch sinnvolle, alternative Investitionen (Brunnenbau, Leitungsbau, Speicherbeckenbau) ersetzen könnte. Als Korrekturfaktor zur Darstellung des Kapitaldienstes im langjährigen Mittel (Abschreibungszeitraum von 10 -15 Jahren) wurden die ermittelten Arbeitszeit-Lohnaufwendungen pauschal um 1/3 gekürzt.

Fazit: Wasserfass-Bewässerung nur bis 1 ha Schlaggröße sinnvoll

Unsere beispielhaften Berechnungen zeigen, dass eine Zusatzbewässerung von Kernobstanlagen mit einem mobilen 5.000 L Wasserfass bis zu einer Schlaggröße von etwa einem Hektar, sowohl logistisch als lohnkostentechnisch, vertretbar ist. Ab etwa 1,5 ha kann die Wasserfass-Bewässerung in trockenen Sommern in vielen Betrieben bereits an die Grenzen des Leistbaren stoßen, insbesondere wenn es sich nicht um zusammenhängende Flächen handelt.

Bereits für Kernobstanlagen in der Größenordnung von 1,5 – 2,5 ha können sich Investitionen in Leitungsbau/Speicherbau oder Brunnenbaubau rentieren, sofern die Aufwendungen dafür 10.000 – 15.000 € nicht wesentlich überschreiten. Aufwendungen in Höhe von 18.000 – 25.000 € für Brunnen- bzw. Leitungsbau/Speicherbau sind bei Schlaggrößen von 2,5 – 3,5 ha vertretbar.

Alle Aussagen treffen natürlich nur für die hier zugrunde gelegten Annahmen zu. Schon der Einsatz eines größeren Wasserfasses, andere Fassbefüll- oder Fahrtzeiten und letztendlich auch ein anderer Lohnansatz verändern die genannten Ergebnisse. Die beispielhafte Darstellung der Wasserfass-Bewässerung unter Extrembedingungen dient lediglich dazu, ein Gefühl für die Aufwandsdimensionen zu bekommen. Eine Übertragung der hier dargestellten Sachverhalte auf den Einzelfall ist deshalb nicht ohne weiteres möglich.

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