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Die Unkrautregulierung im ökologischen Gemüsebau

Die Maßnahmen zur Regulierung konkurrierender Unkräuter sollten sich nicht ausschließlich auf die Möglichkeit des Einsatzes mechanischer Verfahren konzentrieren.

Zwischenfruchtmischung von Camera mit Sonnenblume, Ramtillkraut, Malve, Ackerbohne und Klee. Die Aussaat erfolgte Mitte August 2017 unter guten Keimbedingungen.

Sowohl im konventionellen wie auch im ökologischen Gemüsebau gibt es Strategien, die als komplexes System eine Bekämpfung der unerwünschten Begleitflora herbeiführen kann. Durch die bekannten Einschränkungen beim Einsatz von Herbiziden im konventionellen Anbau, müssen in Zukunft in beiden Anbaurichtungen gemeinsam Lösungen verfolgt werden, die die Verwendung chemisch- synthetischer Wirkstoffe weitgehend überflüssig machen.

Ein erster Schritt im Vorfeld des Einsatzes gezielter Maßnahmen ist das Erkennen der spezifischen, an jedem Betriebsstandort unterschiedlichen Unkräuter. Grundkenntnisse morphologischer Eigenschaften der Unkräuter helfen weiter das Potenzial der unterschiedlichen Pflanzen in ihrer Schadwirkung auf die Kulturpflanze einzuschätzen. Mit dem Wissen, dass einzelne Pflanzen vieler gängiger Unkräuter mehrere tausend keimfähige Samen produzieren, ist es wichtig, rechtzeitig vor der Samenreife, diese zu eliminieren. Neben der bereits angesprochenen mechanischen Regulierung kann dies z.B. bereits schon im Vorauflauf durch verschiedene Bearbeitungsschritte bei Direktsaaten geschehen. Ein Baustein ist die Durchführung eines sogenannten „Falschen Saatbetts“, auch als Unkrautkur bezeichnet. Hierbei wird 3-4 Wochen vor der Saat mit der Saatbettbereitung begonnen und bei möglichst trockenen Bedingungen anschließend die Unkrautkeimung durch Beregnung oder durch Walzen angeregt. Auflaufende Unkräuter werden dann durch Striegeln, Eggen, Abflammen und/oder Fräsen bekämpft. Kurz vor der Aussaat wird nochmals eine flache Bodenbearbeitung durchgeführt. Bei Kulturen, die nach der Saat abgeflammt werden (z.B. Möhre und Zwiebel) sollten möglichst viele (zweikeimblättrige) Unkräuter zur Keimung angeregt werden.

Um die Lohnkosten für die Beikrautregulierung in überschaubarem Rahmen zu halten, sollten generell die folgenden vorbeugenden Maßnahmen berücksichtigt werden:

Auch unter Berücksichtigung vorgenannter Maßnahmen geht es im ökologischen Gemüsebau nicht ohne den Einsatz manueller Unkrautbekämpfung. Der zeitsparende Einsatz von Hacken innerhalb der Reihe mithilfe von Kamera,- Ultraschall- oder GPS unterstützter Systeme lohnt sich nur in Betrieben mit entsprechender Auslastung und Wertschöpfung. Entscheidend für den Erfolg der durchzuführenden Maßnahmen ist grundsätzlich der möglichst frühe Einsatz der Unkrautbekämpfung spätestens 2-3 Wochen nach Aussaat oder Pflanzung. Schlechtwetterperioden können aber schnell dieses Vorhaben durchkreuzen und dann kann eine Kosten-/Nutzenabwägung auch mal dazu führen eine Kultur (rechtzeitig) zu verwerfen, bevor einem das Unkraut sprichwörtlich über den Kopf wächst.

Manuelle Unkrautbekämpfung

Bei der manuellen Unkrautbekämpfung stehen neben der Handhacke für die Handjäte Jäthilfen wie Handjäter, Jätefaust oder Messer mit abgewinkelter Klinge zur Verfügung. Auf größeren Flächen kommen Jäteflieger mit zwei oder mehreren Liegeflächen nebeneinander zum Einsatz. Diese können geräuscharm mit Batterie- und Solarbetrieb zu einer Leistungssteigerung der Arbeitskräfte von 15-20 % führen. Ergänzend zur Handhacke werden in kleineren Betrieben oft Radhacken mit verschiedenen wechselbaren Hackwerkzeugen eingesetzt. Mit etwas Übung kann dabei bis dicht an die Reihe gearbeitet werden. Modelle mit zwei Laufrädern ermöglichen das Überfahren der Kulturreihe und ein exakteres Führen des Gerätes mit der Möglichkeit des Anhäufelns.

Mechanische Unkrautregulierung

Bei der mechanischen Unkrautregulierung mit schleppergeführter Technik sind folgende Anforderungen zu erfüllen:

Reihenabhängig arbeitende Geräte sind z.B. Scharhacken, Sternhacken, Fingerhacken oder Torsionshacken. Reihenunabhängig arbeitende Geräte sind Striegel, Rollhacken oder Rollstriegel.

Scharhacken sind vielseitig einsetzbar, haben eine gute Bodenanpassung durch Parallelogramm/Teleskop und arbeiten auch gut auf verschlämmten oder verfestigtem Boden. Die regelmäßig zu schärfenden Schare sollten sehr flach in 2-3 cm Tiefe geführt werden, so können auch etwas größere Unkräuter gut bekämpft werden.

Sternhacken laufen mit schräggestellten vertikal laufenden Sternen. Sie reißen Unkräuter aus, verschütten, schichten Boden um und bieten die Möglichkeit des An- und Abhäufelns auch bei Dammkulturen. Allerdings ist der Einstellungsaufwand nicht zu unterschätzen.

Fingerhacken sind vielseitig einstellbar. Die sternförmig auf einer drehbar gelagerten Metallscheibe angebrachten Kunststofffinger arbeiten von beiden Seiten der Kulturreihe in den Boden mit guter Wirkung bis in die Reihe hinein. Die Kulturpflanzen sollten gut verwurzelt und die Unkräuter kaum über das Keimblattstadium hinaus entwickelt sein. Auf steinigen Böden problematisch. Die Kosten liegen bei ca. 700–800 €/Reihe.

Torsionshacken zeigen auf leichteren Böden eine gute und schonende Wirkung innerhalb der Reihe und sind sehr preisgünstig. Durch die abgekröpften Enden der Federzinken wird der Boden unterschnitten. Die Kulturen sollten bereits gut durchwurzelt sein. Durch zusätzlich angebrachte Häufelbleche kann eine Kombiwirkung erzielt werden.

Im Einsatz bei den gezogenen oder bodenangetriebenen Geräten sowohl im Flachbeet wie auch bei Dammkulturen finden sich z.B. das bewährte Duoparallelogramm der Firma K.U.L.T. oder die aus Italien stammende Rotosark Hackmaschine von OliverAgro für eher leichtere Böden. Dazu zählt auch die bereits kürzlich vorgestellte Dulks Hackmaschine Abrah, die im Jugendstadium von Rucola (im Flachbeet) oder Möhren (im Dammanbau) bis dicht an die Reihe arbeitet. Zapfwellenangetriebene Geräte wie Reihenfräsen oder Hackbürsten ergänzen das Angebot an Hackgeräten für die verschiedenen Einsatzbereiche.

Automatisierte Hacksysteme

Aktive Anbaugeräte-Lenkung PSR Slide der Firma Reichhardt: Die exakte Spurführung der Anbaugeräte erlaubt eine höhere Fahrgeschwindigkeit.
Für die flächenstarken Gemüsebaubetriebe (s.o.) sind technische Neuerungen im Bereich GPS-unterstützter Systeme wie z.B. die Aktive Anbaugeräte-Lenkung PSR Slide der Fa. Reichhardt interessant. Kombiniert mit Digital-, Infrarot-, oder 3D- Kamerasystemen leisten die derzeit vier am Markt befindlichen Hacksysteme auch in der Pflanzreihe Arbeitsergebnisse, die in Zusammenhang mit steigenden Lohnkosten für die Saison-Arbeitskräfte eine Alternative darstellen können. Allerdings sorgen die hohen Preise für diese Technik z.Z. noch nicht für hohe Absatzzahlen bei den Anbietern. So kann z.B. ein solches Hackgerät als vierreihiges Komplettsystem knapp 70.000 € kosten. Im Einzelnen sind dies:

Hierbei unterscheidet eine Kamera, die über jeder Reihe läuft, die Kulturpflanze vom Unkraut. Die hydraulisch angetriebenen, rechteckigen Hackwerkzeuge arbeiten mit Doppelspektral-Kameras die eine zusätzliche Beleuchtung mitführt

Hier ist jedes Element mit einer Infrarot-Lichtschranke ausgestattet, die während des Vorschubs das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein von Kulturpflanzen erkennt. Die interagierenden Zinken, die an den Arbeitsarmen befestigt sind, können in der Arbeitstiefe verstellt werden

Eine Hochleistungskamera erfasst das Beet vor der Hackmaschine und differenziert zwischen Unkraut und Kulturpflanze. Rotierende Sichelhacken entfernen das Unkraut. Erkennbare Kulturen: Salate, Kohl, Sellerie, Fenchel, Pflanzzwiebeln. Der Mindestabstand zwischen den Kulturpflanzen sollte nicht unter 19 cm liegen.

Kameras, die unter der Fronthaube angebracht sind, werden von einer leistungsstarken LED-Beleuchtung unterstützt. So werden Verzerrungen durch Sonnenlicht oder Schatten verhindert und die genaue Position der Kulturpflanze ermittelt. Die hydraulische Seitenverschiebung ermöglicht eine Korrektur von ca. 10 cm jeweils nach links oder rechts der Reihe. Sensoren, die an den Stützrädern angebracht sind, übermitteln dem Rechner die Höheneinstellung, damit die Hackwerkzeuge in optimaler Arbeitshöhe stehen.

Die automatischen Hacksysteme erlauben Fahrgeschwindigkeiten von durchschnittlich 5-8 km/h (im Einzelfall auch etwas mehr). Die Hackwerkzeuge kommen bis auf ca. 3 cm an die Kulturreihe heran. Die Grenzen der Kameratechnik sind erreicht:

Für letztgenannte Hacksysteme gibt es in Hessen noch bis 2019 eine Sonderförderung (AFP, Anlage 3 Nr. 3 RL-EFP). Dabei förderfähig sind Maschinen und Geräte für die mechanische Unkrautbekämpfung für Reihenkulturen, die über eine elektronische Reihenführung mittels GPS oder Ultraschall bzw. optischer Sensoren verfügen. Dies sind über GPS oder Ultraschall gesteuerte Verschieberahmen einschließlich der Hackwerkzeuge oder kamerabasierte Lenksysteme. Varianten der kameragestützten Unkrautregulierung in der Reihe sind Digital-, Infrarot-, oder 3D-Kamerasysteme. Die Förderung wird für das jeweilige Gerät inklusive der dazugehörigen elektronischen Steuerungssysteme für die Reihenführung gewährt. Gebrauchte Technik oder Maschinen und Geräte mit einer mechanischen Reihenführung (z.B. durch Taster) sind nicht förderfähig.

Die Mindestauslastung in der Landwirtschaft beträgt 0,6 ha je 1.000 € Netto-Anschaffungswert und im Gartenbau liegt aufgrund der höheren Behandlungsintensität die Mindestauslastung bei 0,3 ha gartenbauliche Kulturen je 1.000 € Netto-Anschaffungswert. Ein überbetrieblicher Einsatz ist bei Vorlage der Verpflichtungserklärung (Bindungsfrist beträgt 5 Jahre) möglich.

Schlussfolgerungen

Wer sich einen Überblick über aktuelle Hacktechniken für den Gemüsebau verschaffen will, der sollte sich schon mal die am 3. und 4. Juli 2019 zum zweiten Mal stattfindenden Öko-Feldtage auf der Hessischen Staatsdomäne Frankenhausen bei Kassel vormerken. Dort wird u.a. auch die selbstfahrende Hacktechnik der Fa. Naio Technologies mit ihrem Hackroboter „Dino“ vorgeführt.