Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen

Geflügel

Innovative Beschäftigungsideen – Ein Betrieb aus Wilsum zeigt, wie es geht

Schon jetzt bereiten sich innovative Betriebe auf die Haltung von Hennen mit intaktem Schnabel vor. Doch nicht nur die Herdenführung von konventionellen Hennen mit intaktem Schnabel ist etwas neues auf dem Betrieb Mardink, sondern auch eine innovative technisierte Anlage zum Einbringen von Beschäftigungsmaterialien in den Tierbereich.

Betriebsportrait des Betriebes Ingo Mardink in Wilsum

Abb. 1: Ingo MardinkHennen nehmen gern abwechslungsreiche Beschäftigung an. Für kleine Betriebe mit geringen Tierzahlen ist es gut machbar, den Tieren unterschiedliche und in der Menge ausreichende Beschäftigungsmaterialien, anzubieten. Für große Betriebe ist dies, allein aus arbeitswirtschaftlicher Sicht, ein fast unlösbares Problem. Hat Ingo Mardink (Abb. 1) mit seiner technischen Beschäftigungsgabe eine Lösung für dieses Problem gefunden?

Abb. 2: SpiralförderungEin mit Öffnungen versehenes Rohrsystem mit Spiralantrieb (Abb. 2) fördert mehrmals täglich z.B. einen Mix aus Maissilage und Luzerne durch den Stall und lässt es von der Decke rieseln. Die Maissilage hat Herr Mardink durch die Milchkühe immer frisch und in bester Qualität vorrätig. Morgens wird der Mischbehälter draußen neben dem Stall für den Tag befüllt. Pro Tier und Tag bekommen die Tiere ab Lebenswoche 35 ein Gemisch aus 15 g Maissilage, 1 g Luzerne (Großballen) und 0,5 g Kalk. Die Portion von 15 g pro Tier und Tag kann je nach Alter der Tiere noch etwas variieren. Die 15 g haben sich in der Hinsicht bewährt, als dass die Tiere bis auf einige wenige Reste alles verzehren und somit der Einstreubereich trocken und hygienisch bleibt.

Der Zeitpunkt, ab wann den Tieren kontinuierliche Beschäftigungsgaben angeboten werden, variiert. In der Wachstumsphase bis hin zur Legespitze (Einstallung bis ca. Lebenswoche 28) empfiehlt es sich zunächst Beschäftigungsgaben in Form von Pickblöcken oder Luzerneballen anzubieten. Wenn die kritische Phase vorüber ist können die Tiere schrittweise an eine regelmäßige technisierte Beschäftigungsgabe gewöhnt werden. Ab Lebenswoche 60 wird Muschelkalk zur Unterstützung der Eischale hinzugemischt. Das Rohrsystem mit Spiralförderung läuft zweimal täglich voll. Die Beschäftigungsgabe findet ab Mittag, nach der Hauptlegephase statt. Die Spirale wird täglich bis zu 7 Mal für ca. 5 Sekunden betätigt, dabei rieselt jeweils Beschäftigungsmaterial heraus. Die Öffnung des Rohres ist nach der Befüllung immer geöffnet und somit durchlüftet. Die Anlage kann nach dem Leerfahren am Abend über Nacht abtrocknen. Die vier Rohrleitungsstränge der technischen Anlage befinden sich beim Betrieb Mardink jeweils in den beiden Kaltscharrräumen aber auch in den Mittelgängen des Stalles (siehe Abbildung Stallplan, unten). Abb 3.: Die Anlage läuft derzeit nicht, die Tiere verteilen sich im Stall.Die Anlage ist auf Abb. 3 nicht aktiv und die Tiere verteilen sich im Stall. Nach der Beschäftigungsgabe stürzen sich die Tiere nahezu auf die Beschäftigung (Abb. 4), um zu picken und zu scharren.

Abb. 4: Die Anlage läuft und die Tiere drängen sich um die Beschäftigungsanlage.Der Nachteil: Das Zusammendrängen der Tiere beeinträchtigt den Gefiederzustand. Ein Abrieb, gerade im Bereich der Flügel, ist ab Lebenswoche 50 deutlich erkennbar. Zur Minimierung des Gefiederabriebs wird Herr Mardink im Folgedurchgang weniger Beschäftigungsgaben pro Tag anbieten, wahrscheinlich statt 7 Mal nur 4 Mal. Alternativ müsste der Maissilagemix breitflächiger im Stall herunterrieseln, wofür es derzeit aber noch keine Umsetzungsmöglichkeiten, wie z.B. Prallbleche gibt.

Sehr positiv zu bewerten ist, dass sich viele Tiere 10 Minuten und länger intensiv im Scharrraum beschäftigen. Zeitlich um 6 Minuten versetzt läuft die Futterkette, so können rangniedrige Tiere in Ruhe fressen. Das der Maissilagemix Futter in der Ration verdrängt und die Tiere somit weniger gut mit Nährstoffen versorgt werden, konnte nicht festgestellt werden. Der durchschnittliche Futterverbrauch von Legehennenalleinmehl lag bei 115 g pro Tier und Tag bei einem Durchschnittstiergewicht von 1.865 g in Lebenswoche 70. Gegen Ende der Haltungsperiode (Lebenswoche 78) hatten die NOVOgen Brown Tiere 350 Eier pro Durchschnittshenne produziert. Verluste lagen bei 7,5 %, wobei 2,6 % (517 Hühner) allein durch Wild im Auslauf verschwunden sind.

Fazit: Investition hat sich gelohnt!

Abb. 5: Auswurfautomat zur GetreidegabeDie technische Anlage könnte auch in großen Stalleinheiten Anwendung finden, da das Rohrsystem auch in engen Gängen installiert werden kann. Die bei Ingo Mardink eingesetzte Maissilage wird von den Tieren sehr gut angenommen und dient so der Beschäftigung. Außerdem wirkt sie durch den niedrigen pH-Wert vorbeugend gegen Darmerkrankungen. Die technische Anlage ist mittlerweile vom Management her gut erprobt. Übersicht des Stallgebäudes des Betriebes Mardink Verhaltensstörungen wie Federpicken oder Kannibalismus sind bis zur Schlachtung der Hennen im Betrieb Mardink nicht aufgetreten. Die Investition für die technische Anlage hat sich laut Ingo Mardink gelohnt, auch wenn er pro Hennenplatz 2 Euro in die Hand nehmen musste.

Für Bodenhaltungsbetriebe, die den geringsten Eierpreis erzielen, sind derartige Investitionen leider kaum realisierbar. Alternativ wird über getrocknete Maissilage oder einsilierte Maissilage in kleinen Wickelballen nachgedacht. Wichtig sind eine hervorragende Futterhygiene und vor allem die Verhinderung von Nachgärungen im Verlauf der Verfütterung. Auswurfautomaten, die z. B. Weizen, Gerste, Hafer und Magensteine bzw. Muschelkalk breitwürfig in den Innenstall oder Außenklimabereich verteilen, werden mit sehr guter Annahme durch die Tiere betrieben. In einem Praxisbetrieb werden die Hennen 5 Mal täglich (ab 5 g pro Tier und Tag) mit Getreide (Abb. 5) beschäftigt. Generell sind also technische Systeme zur Beschäftigung bei Legehennen umsetzbar und hinsichtlich der Haltung von Hennen mit intaktem Schnabel sehr zu empfehlen. Ohne jegliche Beschäftigung wird es bei Legehennen mit intaktem Schnabel nicht mehr funktionieren.


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