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Investitionszyklen bei GPS-gestützter Technik

Die Verbreitung von Precision Farming Technologie in der Landwirtschaft nimmt immer weiter zu. Für viele Anwendungen werden unterschiedliche Ausbaustufen der Technologie angeboten und die Anzahl der Hersteller ist sehr groß.

Vielen Landwirtinnen und Landwirten fällt es schwer dabei den Überblick zu behalten und die betriebswirtschaftlich beste Kombination von alter und neuer Technologie zu bestimmen. Im Folgenden wollen wir mit einigen Beispielrechnungen verdeutlichen, wie solche Entscheidungen über die Nutzungsdauer getroffen werden können.

Unser Beispiel: Lenksysteme für Schlepper

Aufgrund der weiten Verbreitung soll der Fokus dieser Betrachtung auf Lenksystemen für Schlepper liegen. Andere Systeme, wie z.B. die Ertragsermittlung auf dem Mähdrescher werden meist mit der Maschine gekauft und verbleiben dort. Im Bereich der Lenksysteme hat sich hingegen zusätzlich ein breiter Markt für Nachrüstlösungen etabliert. Im Groben lassen sich zwei Klassen von Systemen unterscheiden:

Für alle beschriebenen Systeme gibt es zusätzlich verschiedene Gruppen von Korrektursignalen, die vereinfacht mit verbesserter Genauigkeit und Wiederholbarkeit bei Folgefahrten immer teurer werden. Diese Unterschiede in den Signalen betrachten wir hier nicht. Wir gehen lediglich davon aus, dass die Signalkosten deutlich gesunken sind, z.B. durch die Angebote der Maschinenringe oder die kostengünstige Bereitstellung der SAPOS-Korrekturdaten in einigen Bundesländern.

Berechnung der jährlichen Kosten

Als Grundlage zur Berechnung dienen zunächst die jährlichen Kosten der Systeme. Wir gehen davon aus, dass ein vollausgerüsteter Schlepper ab Werk brutto 18.500 € Aufpreis kostet. Für die Nachrüstung werden inklusive Einbau 11.500 € angenommen. Als Zinsansatz wählen wir 3 % auf die halbe Investitionssumme. Die Unterhaltung haben wir ausgehend von 3 % der Investitionssumme jährlich mit längerer Nutzungsdauer ansteigen lassen. Die Signalkosten werden einheitlich mit 500 € je Jahr angesetzt. Die Nutzungsdauer lassen wir zwischen zwei und zehn Jahren variieren, um mehr über die Nutzungszyklen aussagen zu können. Die Kosten sinken mit längerer Nutzungsdauer deutlich, der Anstieg der Unterhaltung hat nur geringe Auswirkungen. Die vollintegrierte Lösung weist bei einer Nutzungsdauer von zwei Jahren jährliche Kosten von 9.000 € auf und verringert diese bereits bei vier Jahren Nutzungsdauer auf 5.100 €. Die jährlichen Kosten für die Nachrüstlösung betragen bei gleicher Nutzungsdauer 5.900 € und 3.400 €. Nach acht Jahren sinken diese auf 3.300 und 2.300 €, eine längere Nutzung zahlt sich demnach deutlich aus.

Wirtschaftliche Vorteile von Lenksystemen

Nachdem wir die Kostenseite betrachtet haben, interessieren wir uns nun für den Nutzen von Lenksystemen. Dafür unterscheiden wir zwischen einem Ackerbau- und einem Grünlandbetrieb. Der Ackerbaubetrieb kann vom verringerten Einsatz der Betriebsmittel Saatgut, Pflanzenschutz und Dünger profitieren. Wir gehen davon aus, dass bei der Aussaat 3 % Überlappungen vermieden werden und entsprechend 3 % des Saatgutes eingespart werden. In der Folge werden bei Dünger und Pflanzenschutzmittel durch die genauer angelegten Fahrgassen ebenfalls 3 % eingespart. Die variablen Arbeitserledigungskosten lassen sich ebenfalls vermindern, wenn ein Lenksystem eingesetzt wird. Bei allen Arbeitsgängen ausgenommen das Pflügen und die an Lohnunternehmer vergebene Ernte wird weniger Fläche bearbeitet und entsprechend weniger Diesel, Verschleißteile und Arbeitszeit benötigt. Zusätzlich bieten diese Systeme die Möglichkeit in Beeten zu arbeiten und Wendemanöver zu optimieren um dadurch weitere Einsparungen zu realisieren. Wir gehen dabei in Summe von 5 % Einsparpotenzial aus. Für eine Beispielfruchtfolge, bestehend aus gleichen Teilen Raps, Weizen, Ackerbohne und Gerste haben wir die einzelnen Arbeitsschritte kalkuliert und folgende Einsparungen ermittelt:

Kostenposition Betrag Relative Einsparung Absolute Einsparung
Saatgut 88 € 3% 2,64 €
Pflanzenschutz 207 € 3% 6,20 €
Dünger 188 € 3% 5,63 €
Variable Maschinenkosten ohne Ernte, Pflügen 95 € 5% 4,73 €
Lohnansatz ohne Ernte, Pflügen (15 €/h) 48 € 5% 2,42 €

Die höchsten absoluten Einsparungen werden bei Dünger und Pflanzenschutz realisiert. Für den Grünlandbetrieb sieht die Rechnung sehr ähnlich aus. Die Einsparungen von Saatgut und Dünger liegen mit 5 % relativ gesehen sogar höher als im Ackerbaubetrieb, was an der bisher verwendeten Technik liegt. Bei den 238 €/ha für Dünger ist die Gülle mit dem Düngewert berücksichtigt. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben wird eine genauere Ausbringung der Gülle und damit eine bessere Ausnutzung der Nährstoffe interessanter. Bei der Arbeitserledigung gehen wir davon aus, dass die Grünlandpflege auf allen Schlägen durchgeführt wird, die Futterernte jedoch nur auf einem Teil der Fläche vierschnittig erfolgt. Die restliche Fläche wird extensiver oder durch Weidetiere genutzt. Die Einbringung der Ernte ist an einen Lohnunternehmer vergeben. Die relativen Einsparungen sind auf dem Grünland durch größere Arbeitsbreiten und unscharfe Bearbeitungsgrenzen am größten.

Kostenposition Betrag Relative Einsparung Absolute Einsparung
Saatgut 24 € 5% 1,20 €
Dünger 238 € 5% 11,90 €
Variable Maschinenkosten 112 € 10% 11,21 €
Lohnansatz (15 €/h) 57 € 10% 5,73 €

Wenn es gelingt, alle Arbeitsgänge mit nur einer Maschine durchzuführen und das Lenksystem 6 Jahre zu nutzen, liegen die Wirtschaftlichkeitsschwellen für ein vollintegriertes System bei 180 ha Einsatzfläche im Jahr im Ackerbaubetrieb, das günstigere nachgerüstete System rentiert sich bereits bei 122 ha/Jahr. Der Grünlandbetrieb erreicht aufgrund der höheren Vorteile je Hektar bereits bei 129 ha/Jahr und 88 ha/Jahr die Wirtschaftlichkeit.

Wirtschaftlichkeitsschwellen in Hektar

Ackerbaubetrieb
Dürchführung Vollintegriertes System Nachgerüstetes System
Aller Arbeitsgänge 180 122
Aussaat, Pflege 212 144
Bodenbearbeitung 1.189 808
Grünlandbetrieb
Vollintegriertes System Nachgerüstetes System
Aller Arbeitsgänge 129 88
Pflege, Gülleausbringung und Wenden 167 113
Pflege, Gülleausbringung und Schwaden 144 98

In der Realität wird es auf den wenigsten Betrieben gelingen, alle Arbeiten mit einem Schlepper auszuführen. Meist wird mit mindestens zwei Maschinen gearbeitet: Es wird zeitgleich gepflügt und gesät oder einer mäht während der andere bereits wendet. Wie in den Tabellen 1 und 2 berechnet, wird der größte Vorteil durch eingesparte Betriebsmittel erreicht, daher sollte der Ackerbaubetrieb die Aussaat mit einem Lenksystem vornehmen, um die genauen Fahrgassen auch für die Ausbringung von Dünger und Pflanzenschutz zu nutzen. Somit ist der Einsatz von Lenksystemen bereits ab 212 ha/Jahr bzw. 144 ha/Jahr wirtschaftlich. Der Schlepper für die Bodenbearbeitung benötigt unter unseren Annahmen eine weit größere Auslastung. Auf dem Grünlandbetrieb erreichen beide Pakete aus Arbeitsgängen bei einer ähnlichen Auslastung die Wirtschaftlichkeit. Dies wird vor allem durch die Gülleausbringung verursacht.

Investitionsentscheidungen

Welche Schlüsse sollte ein Betrieb jetzt für seine Investitionszyklen ziehen? Zu erkennen ist, dass die Schwelle zur Wirtschaftlichkeit deutlich von den Investitionssummen beeinflusst wird. Je günstiger ein Lenksystem erworben werden kann, desto weniger Fläche wird für die Auslastung benötigt. Gleichzeitig ist es möglich, bei gegebener Fläche das günstigere System häufiger zu tauschen. Das sollte man im Hinterkopf behalten, wenn gebrauchte Systeme oder „Bastel“-Lösungen für teilweise unter 2.000 € angeboten werden. Selbst wenn hier nicht alles funktioniert und eine höhere Unterhaltung einzuplanen ist, kann die Wirtschaftlichkeit schnell gegeben sein.

Weiterhin wird Wirtschaftlichkeit wesentlich von den Einspareffekten beeinflusst: Je mehr Arbeiten mit einem hohen Einsparpotential von einem Schlepper erledigt werden können, desto eher lohnt sich eine Anschaffung des Lenksystems. Dazu zählen vor allem die Ausbringung von Betriebsmitteln wie Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Ebenso können Arbeitsgänge mit einem hohen Dieselverbrauch und viel Arbeitszeitbedarf in Frage kommen. Zu Letzt lassen sich Arbeitsgänge nennen, die ohne Lenksystem nur mit großen Überlappungen ausgeführt werden können, wie die Düngerausbringung auf dem Grünland.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist eine möglichst lange Nutzungsdauer anzustreben. Die Langzeiterfahrung mit der Technologie sind noch nicht eindeutig. Einige Systeme laufen seit Jahren stabil und zu voller Zufriedenheit. Andere Systeme werden nicht mehr genutzt, weil der Support nicht mehr vorhanden ist oder die Kompatibilität zu anderen Anwendungen nicht gegeben ist. Hier gilt es sich ehrlich zu fragen, ob ich einige Jahre nach einer Investition damit leben kann nicht mehr das neuste System zu nutzen und bezüglich der Kombinierbarkeit mit anderen Produkten Kompromisse zu machen? Oder benötige ich immer vollständig abgestimmte und moderne Geräte und strebe daher einen häufigeren Wechsel an? Beispiele für das eigene Verhalten lassen sich beim Umgang mit anderen elektronischen Geräten wie beispielsweise Mobiltelefonen finden. Diese Erfahrungen sollten in die Entscheidung über ein Lenksystem einfließen. Noch nicht belastbar zu beantworten ist die Frage nach den Restwerten. Es ist zu erwarten, dass vollintegrierte Systeme den Marktwert sogar von älteren Schleppern nach oben ziehen werden. Für Nachrüstlösungen kann das auch gelten, möglicherweise etabliert sich aber auch der Gebrauchtmarkt für diese Systeme als Einzelteile weiter. Die langfristige Nutzung über die gesamte Lebensdauer eines Schleppers und darüber hinaus sollte jedoch nicht die Grundannahme in einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sein.

Viele Erfahrungen deuten darauf hin, dass es zunächst einer gewissen Gewöhnungsphase bedarf, bis Lenksysteme auf dem Betrieb gut laufen. Beispielsweise müssen Einstellungen im Terminal am Anfang häufiger überprüft werden oder die Anbringungsorte der Antennen optimiert werden. Nach einiger Zeit der Nutzung werden jedoch immer weitere Anwendungen gefunden und selbst Gegner der Einführung weigern sich, ohne ein Lenksystem vom Hof zu fahren. Vielfach kommt in der Folge der Wunsch auf, weitere Ausbaustufen zu nutzen, zum Beispiel automatische Teilbreitenschaltungen an der Pflanzenschutzspritze und dem Düngerstreuer. Für manche Betriebe ist ein Lenksystem der Einstieg in neue Anbauverfahren wie Strip Till. In Zukunft könnten Hacksysteme größere Bedeutung gewinnen, hier könnten Lenksysteme essentiell werden. Zusammengefasst empfehlen wir, zunächst eine Einstiegslösung zu wählen, um den Einsatz von Lenksystemen im eigenen Betrieb zu testen. Wenn danach in bessere und ausgereiftere Technologien investiert werden soll, kann die Einstiegslösung möglicherweise auf einen anderen Schlepper versetzt werden, oder wieder veräußert werden. Klar ist auch, dass wie bei allen Technologien Lehrgeld gezahlt werden muss.

Fazit

Wie bei allen elektronischen Geräten gibt es den richtigen Kaufzeitpunkt und die richtige Nutzungsdauer für Lenksysteme in der Landwirtschaft nicht. Die Angst davor, die nächste technische Entwicklung zu verpassen ist ein schlechter Ratgeber für eine solche Investition. Die wirtschaftlich notwendige Mindestauslastung ist, wie oben gezeigt, für viele Betriebe bereits in Reichweite. Andere Aspekte wie Fahrerentlastung, Einstieg in neue Anbausysteme oder neue Kulturen können schwer bewertet werden, machen die Anschaffung für einige Betriebe jedoch sehr interessant. Am einfachsten lassen sich Aussagen zur Investition in Lenksysteme anhand einiger Beispielschlepper treffen: Der neue Schlepper, der als Allrounder auf dem Betrieb eine gute Auslastung erhält und dabei vor allem in Aussaat, Pflanzenschutz und Düngerausbringung arbeiten soll, ist ein guter Kandidat für eine vollintegrierte Lösung ab Werk. Der vorhandene jüngere Gebrauchte mit ähnlichen Aufgabenprofil kann mit einer Nachrüstlösung für die Restnutzungsdauer auf den Stand der Technik gebracht werden. Womöglich kann das Lenksystem in der Ernte dann auf den Mähdrescher versetzt werden. Für Schlepper die im Transport oder auf dem Hof laufen, sollte auf eine Nachrüstung verzichtet werden. Die Entscheiderin/der Entscheider sind gut beraten, sich vorher klare Ziele für das Lenksystem zu setzen und diese dann umzusetzen. Jede nachträgliche Änderung in den Zielen wird weitere Investitionen hervorrufen und die Investitionszyklen verschieben.